Es ist bereits drei Monate her, dass wir nach Deutschland zurück gekommen sind. Der Livebericht – ein Novum in der Geschichte der Downthehill Website – ist beendet. Nun ist es an der Zeit, einen Schlussstrich unter dieses Unterfangen zu ziehen.
„Ich habe fertig!“
…ist das am besten passende Zitat zum aktuellen Projektstand in deutscher Sprache. Von Giovanni Trapattoni, einem Italiener, und gute 20 Jahre alt. Und rund genauso viele Tausend Kilometer haben wir mit unserem Ford Transit von der Feuerwehr zurückgelegt. Von Montevideo in Uruguay über Argentinien, Chile, Bolivien bis nach Arequipa in Peru. Der halbe Reisepass ist voll mit südamerikanischen Stempeln aus den neun Wochen, das Roadbook hat Eselsohren und der Bus mehrere Dellen und Kratzer. Wo gehobelt wird, da fallen Späne. Verschleiß bleibt nicht aus und das ist auch gut so.
Wie erging es uns bei dem Trip? Nach den Startschwierigkeiten in Montevideo und der gefühlt ewigen Krankheit haben wir uns rasch an das Leben im Bus gewöhnt – auch wenn wir nicht gerade mit Luxus verwöhnt wurden. Zwei Monate zu zweit in einem Auto – kann das gut gehen? Ja, es kann! Erstaunlicherweise kam es kaum zu Meinungsverschiedenheiten und wir konnten die ein oder andere Extremsituation als gutes Team problemlos überstehen.
Wir saßen viel im Auto, das lässt sich schon von den Gesamtkilometern ableiten. Das war von Zeit zu Zeit nervig, aber dennoch die beste Möglichkeit, die Weite und gefühlte Unendlichkeit der faszinierenden Landschaft rund um die Anden zu erfahren. Es gab einige Rückschläge bei den Biketouren, doch diese konnten dafür meistens mit irrsinniger Landschaft Pluspunkte sammeln. Wir sind eben einfach verwöhnt von unseren gut erschlossenen Alpen. Die Entschädigung für gelungene Touren war dafür umso besser, wie zum Beispiel bei unserem ersten 6000er.
Interessant war auch das Erlebnis, mit wie wenig Dingen man auskommt – schon allein, weil im Bus kein Stauraum mehr frei war. Aber auch, weil man Vieles einfach nicht braucht. Darunter fällt zum Beispiel auch eine Uhr. Noch nie haben wir so das Zeitgefühl verloren, wie in Südamerika. Man steht eben auf, wenn es hell wird und geht schlafen, wenn man abends angekommen ist und müde wird. Welcher Tag gerade ist, spielt keine Rolle. Die kleinen Läden in den Ortschaften haben sowieso immer geöffnet. Und die Berge stehen auch jeden Tag da. Als wir in der Großstadt Oruro ankamen, haben wir eine Frau auf der Straße nach einem großen Supermarkt gefragt. Ihre Antwort: „Die Straße runter und dann links, aber der hat heute zu, heute ist doch Ostern“. Ach ja, Ostern – das kam uns bis dahin nicht ein einziges Mal in den Sinn. Und erst dann kam uns beiden in den Sinn, dass Flo zwei Tage zuvor Geburtstag hatte. Man kann also sagen, wir haben zeitlich völlig abgeschaltet.
Wir möchten an dieser Stelle weniger Bericht erstatten, das kann alles nachgelesen werden. Womöglich schaffen es die Bilder, unsere Eindrücke weiterzugeben. Selbst wenige Wochen nach dem Projekt entgleiten uns bereits die Erlebnisse, die wir durchgemacht haben. Und werden durch das Durchscrollen der Berichte und Fotos wieder in Erinnerung gerufen.
Eisig, steil, windig, …
Schweißgebadet stiefelten wir auf erloschenen Vulkanen über Jahrtausende alte Lavazungen, um Tage später einem Vulkanausbruch wenige Kilometer entfernt in eisiger Höhe beizuwohnen.
Wir sind mit den Bikes den Pazifikstrand entlang, durch Wüsten und tropische Wälder gefahren, haben die Bikes durch verblocktes Gelände getragen und sind über kritische Schneehänge abgefahern. Mit diversen Verkehrsmitteln und mehreren Versuchen haben wir uns einen Weg von 0m bis 6075m üNN gebahnt.
Verkehrt, karg, zugemüllt, …
In den entlegensten Ecken, in denen das Überleben nahezu unmöglich scheint, kämpfen sich Wüstenblumen aus den Dünen – gleich neben ausgebrannten und sandgestrahlten Coca-Cola Dosen. Schockierend auch, wieviel Müll und Unrat Menschen in der Lage sind, zu hinterlassen – sogar dann, wenn sie immer wieder den selben Ort aufsuchen. Wir hatten keinen Tag am Strand, an dem wir nicht durch oder um Müll herumlaufen mussten.
Vollbeladen, festgefahren, zugestaubt, …
Der Ford Transit hat uns treue Dienste erwiesen, in dem wir uns auf waschbrettartigen Wegen durchschütteln lassen haben, über Salzseen und Pässe bis auf 5100 Meter hoch gebrettert sind. Einige 4WD Verfechter waren brüskiert – denn mit Zweiradantrieb, etwas Bodenfreiheit und Geschick kommt man auch recht weit. Der Eiskratzer kam zum Einsatz: Um die Windschutzscheibe von Salz zu befreien. Hier und da mussten wir Hand anlegen und die ein oder andere Reparatur angehen, um weiter zu kommen. Und genau das macht ein gutes Abenteuer aus: Je mehr man plant, desto mehr wird schiefgehen. Um weniger umplanen zu müssen, haben wir nicht zu viel geplant. Dieser Plan ist planmäßig aufgegangen.
Dieser Roadtrip ist vorbei, der Bus ist aber noch unser. Er ist sicher geparkt und wartet. Der peruanische Zoll hat den Antrag bewilligt, den Bus länger als drei Monate im Land lassen zu dürfen. Alles eine Frage des Aufwandes, vor dem man nicht zurückschrecken darf. Doch auch hier: Ohne alte Freunde und Bekannte aus vorherigen Reisen, wäre das alles nicht so glatt gelaufen. Der Dank geht an Erika, Moises und César aus Muruhuay, die ich bei meiner ersten Reise nach Peru kennengelernt habe und die uns beim Bürokratiemarathon unter die Arme gegriffen haben. Südamerika ist groß, sehr groß und genauso schön. Ich kann von meiner Seite sagen, dass das für mich bisher der schönste Fleck Erde ist, an dem ich gewesen bin.
Keiner weiß genau wie, aber irgendwie müssen wir nochmal rüber. Es gibt noch viel zu entdecken. Und es ist gut, dass diesmal unser mobiles Zuhause schon vor Ort ist.
Bravo!