Formen und Strukturen in weiß

Die ersten Sonnenstrahlen des Tages fallen flach über den Berg und tauchen die weißen Dünen um uns herum in stimmungsvolles Licht. Ein Wechselspiel aus Licht und Schatten, Rundungen und scharfen Kanten, Leben und Tod – mitten in der Sandwüste. Kaum zu glauben, dass sich selbst hier das Leben tummelt, aber erst bei genauem Hinsehen. Am frühen Morgen umgibt uns Vogelgezwitscher aus allen Ecken. In einem Busch entdecken wir sogar ein Nest – gebaut aus Dornenzweigen, aber in Höhlenform, sozusagen mit Dach. Falls es mal regnet vielleicht. Kleine Eidechsen huschen über die Dünen und vereinzelt sprießen Blümchen. Daneben vertrocknete Büsche, zu lange ohne Regen oder von den Dünen in Zeitlupe überrollt. Die Windrichtung ist hier eindeutig und treibt die Dünen über die Jahre langsam durch die Landschaft. Auch vor der Dirtroad machen sie nicht Halt – hier und da gibt es Engpässe.

Für uns gibt es ein gemütliches Frühstück in dieser überwältigenden Szenerie. Bike auspacken lohnt sich hier nicht, dafür sind die Dünen leider zu klein.

Von der Wüste ins Hochgebirge
Von der Wüste ins Hochgebirge
Von der Wüste ins Hochgebirge
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Von der Wüste ins Hochgebirge
Von der Wüste ins Hochgebirge

Hochgebirge und Einsatz für die Feuerwehr

Ab in die Berge! Auf dem Reiseplan steht der Passo San Francisco, 4726 Meter hoch. Hier warten ein paar richtig hohe Bergprojekte auf uns. In der Kleinstadt Fiambalá decken wir uns mit Lebensmitteln und Sprit ein. Gute 200 Kilometer sind es von hier bis zum Pass – dazwischen nur eine Zollstation und, wie wir später feststellen werden, eine „Tankstelle“, bei der der Tankwart den Sprit aus einem Fass durch einen dünnen Schlauch mit dem Mund ansaugt und in Zehnliterkannen in den Tank füllt!

Die Straße führt durch scheinbar alle erdenklichen Arten von Gesteinsschichten und Formationen – teils so rot, dass unser Feuerwehrauto in Tarnfarbe unterwegs ist. Je höher wir kommen, desto offener wird die Landschaft. Die Straße verläuft wie ein gerader Strich durch sanfte Hochtäler aller erdenklichen Rot- und Brauntöne. Trotz Wüste existiert hier knalliges, gelbgrünes Gras als Kontrast zum Gestein. Gelegentlich zeigt sich ein kleiner Bach, an dessen Ufern ein schmaler Streifen aus üppigem Grün gedeiht. Heerschaaren von Vicuñas fressen sich hier satt.

Von der Wüste ins Hochgebirge
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Die Grenze: Der wachhabende Polizist muss erst in die Wohncontainer, die Zöllner aus dem Nachmittags-Nickerchen wecken. Dann geht alles schnell – unser schnellster Grenzübertritt von Argentinien nach Chile. Kurz tanken an besagter Tankstelle und ab geht es in die letzten Serpentinen zum Pass hoch. Ganze vier Autos sind uns auf diesen 200 Kilometern entgegen gekommen. Das Letzte ist ein deutscher Camper, der uns in einer Serpentine passiert. Man hält kurz an, er schätzt die Lage richtig ein und meint: „Beeilt euch, da oben am Pass brennt’s!“ Er wird ansatzweise Recht behalten.

Vom Pass aus führt ein Feldweg in die Hänge zum Nevado San Francisco, ein potenzielles Bikeprojekt mit 6016 Metern Höhe. Leider verspricht die Schneelage nix Gutes: Etwa 200 Höhenmeter unter dem Gipfel wird das Gelände sehr flach – ab dort ist die Schneedecke komplett geschlossen. Wir entschließen uns, einen Versuch mit dem Auto am Feldweg zu starten. Wie weit wird dieser für uns befahrbar sein?

Etwa 100 Höhenmeter, dann wird das Gestein zu grob. Akute Aufsetzgefahr für unseren Ford Transit. Gerade, als wir umkehren, entdecken wir einen grünen Geländewagen, der uns vom Pass aus folgt. Plötzlich bleibt er stehen, fünf Männer steigen aus und schauen unter’s Auto. Wir fahren runter und werden gleich angehalten: es ist die Polizei und der Zoll. Passkontrolle, dann die Frage, ob wir sie abschleppen können! Die Kardanwelle (Antrieb für die Hinterräder) bei ihrem in die Jahre gekommenen Defender ist gebrochen und bleibt an der Karosserie hängen. Klar können wir sie abschleppen, aber wir haben auch das passende Werkzeug: zwei 15er Schraubenschlüssel. Die Jungs sind sehr dankbar und wir dürfen sogar ein Foto machen: Die Trailhunter Feuerwehr rettet den Argentinischen Zoll auf 4800 Metern Höhe. Kurios könnte man sagen! Nach etwa 15 Minuten ist das defekte Teil demontiert und der Zoll kann mit Zweirad- anstatt Allradantrieb weiter fahren.

Von der Wüste ins Hochgebirge

Wir schlagen den Weg zum Refugio Laguna Verde ein – gelegen an dem wunderschönen Salzsee Laguna Verde etwa 25 Kilometer hinter dem Pass. Der Wind kachelt hier richtig durch und lässt kleine Schaumkronen über den See tanzen. Dahinter leuchten Vulkane mit weißen Hauben im letzten Abendlicht. Eine traumhafte Szenerie, aber wild und rau.

Das Refugio liegt auf 4300 Meter und ist eigentlich nur ein Schuppen aus Blech und Holz, der kurz vor dem Verfall steht. Drumherum gibt es ein paar Möglichkeiten, Zelte aufzustellen – diese sind auch genutzt. Der Platz dient als Akklimatisierungscamp für Bergsteiger, die sich an den umliegenden 6000ern austoben möchten. Das Beste: Direkt am Camp gibt es Thermalquellen mit geschätzt 35°C Wassertemperatur. Sieht verlockend aus, wenn da nicht die Openairtoiletten des Camps direkt oberhalb der Thermalbecken liegen würden – klarer Fall von schlecht gedacht, schlecht gemacht!

Für uns gibt es jetzt deftiges Abendessen, denn die geplante Tour für den nächsten Tag kratzt schon fast an der 6000er Marke.

Von der Wüste ins Hochgebirge
Von der Wüste ins Hochgebirge
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